An die Mathematik
von
Dr. Roland Mildner, Leipzig (1976)

Begegnete einst mir ein Schüler.
Der klagte sein Weh mir, sein Leid.
Du sei'st so schwer ihm verständlich.
Du raubtest ihm Kraft und die Zeit.

Der Schüler gestand es mir ehrlich:
Er sei von Dir wie gebannt.
Doch hat er, so musst' ich ihm sagen,
Dein Wesen ein wenig verkannt.

Wer Dich packt, der hat den Schlüssel
für Zeitgewinn und Kraft.
Der weiß um die Welt der Dinge,
um Deine Meisterschaft.

Du bist so logisch, so strenge.
Doch das ist an Dir g'rade schön.
Die Sprache von Dir ist so deutlich.
Wie sollt' man Dich nicht versteh'n?

Du fasst das vielfält'ge Einzel
so wundersam allgemein,
dass dieses erstrahlet im Lichte,
im hellen verständlichen Schein.

Der Weg zu Deinen Höhen,
er ist gepflastert mit Schweiß,
mit Lust und Liebe zur Arbeit,
mit menschlich forschendem Fleiß.

Doch wer Deine Höhen erklommen,
bereut nicht die Müh', die er gab.
Er blicket von Deinen Gipfeln
in tiefere Welten hinab.

Er sieht das Wesen der Dinge,
den Raum in Vielfalt und Zahl.
Er sieht die Zusammenhänge.
Vergessen der Mühe Qual.

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